NVA und Alkohol


Beitrag von Hans-Peter Martin

Alkoholverbot durch Befehl 30/74

Natürlich war das Trinken von Alkohol in allen Truppenteilen und Einrichtungen der NVA verboten. Dazu gab es sogar einen Befehl des Ministers für Nationale Verteidigung, ich glaube es war der Befehl 30/74, der „Alkoholbefehl“.

Plakat Befehl 30/74
Befehl 30/74

Aber ich kenne keinen anderen Befehl, gegen den von allen Dienstgraden so oft verstoßen wurde.
Nahezu alle Offiziere, vom Kompaniechef bis zu den höchsten Dienstgraden, hatten in ihrem Dienstzimmer, im Schrank gut getarnt (mögliche Versteckvariante siehe Bilder unten), mindestens ein „Rohr“ (Flasche Schnaps) stehen. Um bei besonderen Anlässen (Geburtstage, Jahrestage usw.) sie mit anderen kreisen zu lassen.


Ordner für Hochleistungsschmierstoffe

Ordner für Hochleistungsschmierstoffe Vorderseite
Ordner für Hochleistungsschmierstoffe Innenansicht
Ordner für Hochleistungsschmierstoffe kurz vor der Verwendung – Wohl bekomms!


Auch in Soldatenkreisen gab es ein großes Interessen sich mal einen zu genehmigen. Hier aber wurde versucht durch alle Vorgesetzte die Einhaltung des „Alkoholbefehls“ konsequent durchzusetzen.
Während das Trinken heimlich in aller Stille auf den Stuben erfolgte und sehr wenig auffiel, war das Hineinschmuggeln der begehrten Flüssigkeiten schon schwieriger und durch gelegentliche Kontrollen mit Maßnahmen unterbrochen.


Alkoholschmuggel

Aber in unserem Regiment bei der großen Anzahl der Ein- und Ausfahrten täglich war eine wirkungsvolle Überwachung schon sehr schwer umzusetzen. Dazu kam, das der Einfallsreichtum der Schnapsbesorgung keine Grenzen kannte. Selbst in einem PKW gab es Verstecke, die erst nach intensiver Suche gefunden werden konnten. Viel schwerer war es dann bei einem LKW. So passte z.B. im Wasserschlauch unseres Trinkwasser-LKW 10 Schnapsflaschen rein.
Unterstützt wurden die Soldaten auch von ihren Angehörigen. So fanden sich in den zugeschickten Kuchen, im eingeschweißten Brot oder in den Hausmacherwurstkonserven oftmals eine ganze Flasche Schnaps. Besonders begehrt waren eingelegtes Obst in reinem Primasprit.


Ein Beispiel, wie ein Alkoholschmuggel auch gehen konnte:
Es ging auf dem Vorabend der Entlassung des 3. Diensthalbjahres zu. Natürlich waren für diesen Abend Feiern oder gar Alkohol verboten. Da machte ein Gerücht die Runde, die Küchenmannschaft habe für ihr kleines illegales Fest ein Faß Bier herein geschmuggelt und versteckt. Das galt es zu finden.

Mannschaftsküche des Kfz-Regiment 2 - März 2024
Mannschaftsküche des Kfz-Regiment 2 – Zustand im März 2024

Aber alle Suche, selbst an den unmöglichsten Orten, blieb erfolglos. Na, ja, dann war es eben doch wohl nur eine so genannte „Scheißhausparole“.
Am Abend selbst aber waren nicht nur die Küchenentlassungskandidaten besoffen, sonder die niedrigen Dienstgrade rannten mit Kaffeekannen voller Bier durch die Gänge und versuchte den Gerstensaft an den Mann zu bringen. Denn die Menge in seinem Faß Bier überstieg bei weitem dem, was die paar EKs so trinken konnte.

Frage: Wo war das Faß Bier versteckt?
In der Küche standen 4 große runde Kessel zum Kochen von Suppe, Eintopf und Tee.
Bei der Kontrolle standen alle unter Dampf. Außer einer, und in dem stand das Faß Bier, aber wer kontrolliert schon heiße Dampfkessel?

Dampfkochkessel
Dampfkochkessel

Mein Schlüsselerlebnis

Mein „Alkohol-Schlüssel-Erlebnis“ hatte ich als Fahrer des Regimentskommandeurs. Samstag Abends kehrte ich von einer Dienstfahrt zurück, als ich feststellte, dass in meiner Stube ( die damals im Stabsgebäude unmittelbar gegenüber dem OvD lag) der mit mir untergebrachte Küchenunteroffizier („Küchenbulle“) mit einem Gefreiten am „Picheln“ waren. Ich erlag der Verführung und trank ein paar mit.
Nun reagiert jeder nach dem Genuss von Alkohol anders. Während ich mich zufrieden ins Bett legte und schlief, schlich sich besagter Küchenbulle in sein Küchenlagerrevier auf der Suche nach weiteren Alkohol. Und verursachte dabei so ein Lärm, dass der OvD aufmerksam wurde und ihn hopps nahm. In seiner Not berichtete er, das er ja schließlich mit dem Kommandeursfahrer gesoffen hätte. Vielleicht glaubte er, dass er dadurch nicht so bestraft wurde. Also war ich dran. Am Sonntag morgen musste ich den „Alten“ in die Dienststelle fahren. Mir war klar, gleich würde er über den abendlichen Vorfall Meldung bekommen.
Deshalb kam ich dem zuvor und erzählte, was sich am vorigen Abend in meiner Stube abgespielt hatte. Dabei gab ich mich sehr reumütig und zerknirscht, was eine sehr unruhige Fahrweise nach sich zog. Etwas, was mein Chef gar nicht mochte.

„Ja, gut, so etwas kommt mir aber nicht wieder vor! So und nun konzentrieren Sie sich wieder aufs Fahren“


Damit war die Sache für mich erledigt. Tage später, große Stabsversammlung, das Vorkommnis wird ausgewertet, der Küchenbulle wird bestraft (ein Verweis, glaube ich ).
In meine Richtung wurde gesagt:“ Und glauben sie nicht, Uffz Martin ist verschont wurden, mit dem hat der Kommandeur die Sache ausgewertet und da sind harte Worte gefallen.“ Bei dem Satz zuckten alle merklich zusammen und bedauerten mich heimlich.

0 Antworten zu „NVA und Alkohol“